Stadtentwicklung
Eine gemeinsame Aufgabe von Freistaat, Städten und Gemeinden
Die Stadtentwicklung ist gemäß Artikel 84 der Sächsischen Verfassung ein Kernstück der kommunalen Selbstverwaltung. Auf ihrer Grundlage wurden in den sächsischen Städten und Gemeinden seit der Wiedervereinigung tiefgreifende Veränderungen gestaltet und eine enorme Aufbauleistung vollbracht. Ohne Zweifel haben die finanziellen Unterstützungen der Europäischen Union, des Bundes und des Freistaates Sachsen in diesem Zusammenhang einen wesentlichen Beitrag geleistet. Ausschlaggebend für das Erreichte ist aber vor Allem das Engagement Kommunalpolitik und der Bürger für lebenswerte Städte.
Die gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen der Stadtentwicklung unterliegen einem stetigen Wandel, der immer wieder neue strategische Anpassungen erfordert. Diese sich ändernden Herausforderungen, die in jüngerer Zeit zunehmend den gesellschaftlichen Zusammenhalt auf die Probe stellen, muss die Stadtentwicklung im Zusammenspiel ihrer Akteure vorausschauend gestalten. Das sächsische Staatsministerium für Regionalentwicklung unterstützt die Städte dabei mit strategisch ausgerichteten Förderprogrammen.
Welche Aufgaben ergeben sich zukünftig für die Stadtentwicklung im Freistaat Sachsen?
Unser Bundesland ist ein über Jahrhunderte gewachsenes Netz aus hunderten Dörfern, kleinen und größeren Städten. Tatsächlich hat Sachsen aufgrund seiner besonderen Siedlungsgeschichte mit 173 Städten eine im deutschen und europäischen Vergleich stark ausgeprägte Stadtdichte. Diese Realität birgt für die Zukunft viele Chancen. Dabei sind die vielfältigen Formen des Städtischen in den Regionen fernab der drei großen Städte Dresden, Leipzig und Chemnitz werden bei der künftigen Stadtentwicklung im Freistaat besonders zu beachten.
Städte müssen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig sein. Urbane Zentren sind schon immer Orte gewesen, in denen verschiedene Lebensentwürfe zusammentreffen und aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen eine besondere Dynamik entfalten. Stadtentwicklung setzt deshalb eine integrierte Sichtweise auf die Herausforderungen unserer Zeit voraus.
Die Stadtentwicklung leistet einen wichtigen Beitrag zur Sicherung und Schaffung von gleichwertigen Lebensverhältnissen indem sie zum Beispiel städtebaulichen Funktionsverlusten entgegenwirkt. Wenn es ihr gelingt, neue Haltefaktoren zu setzen, kann sie der Abwanderung entgegenwirken und Menschen zur Rückkehr in ihre Herkunftsorte veranlassen. Zuzüge und neue Haushaltsgründungen werden begünstigt, wenn sich Familie und Beruf am Wohnort gut vereinbaren lassen, und wenn Kultur, Bildung ebenso wie Freizeitgestaltung und Sport im städtischen Leben einen hohen Stellenwert haben.
Das kooperative Zusammenwirken verschiedener Interessengruppen ist eine wesentliche Voraussetzung für gelingende Stadtentwicklungspolitik. Ihre Strategien und Maßnahmen müssen von der Stadtgesellschaft nicht nur mitgetragen, sondern aktiv mitgestaltet werden. Nicht zuletzt um Zielkonflikte frühzeitig zu erkennen ist die konsequente Einbeziehung der maßgeblichen lokalen Akteure eine wichtige Aufgabe der Kommunen. In Sachsen bildet traditionell ein ganzheitlicher, sektorenübergreifender Ansatz auf der Grundlage integrierter Stadtentwicklungskonzepte (INSEK) die Grundlage für eine erfolgreiche Stadtentwicklung.
Sie wird die Impulse der 2020 erneuerten Leipzig Charta zur nachhaltigen Stadtentwicklung aufgreifen und so weit wie möglich zur Anwendung bringen.
Die gesellschaftlichen Herausforderungen, mit denen die Stadtentwicklung in Sachsen konfrontiert ist, sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten vielfältiger und komplexer geworden. Neben dem demografischen Wandel, der das beherrschende Thema der „Nuller Jahre“ gewesen ist, spielen heute viele weitere Querschnittsthemen eine wichtige Rolle.
- Der Klimawandel hat den Klimaschutz und die Klimaanpassung zu bedeutenden Handlungsfeldern werden lassen. Der Freistaat Sachsen ist bundesweit am stärksten von Trockenheit infolge des Klimawandels betroffen.
- Ein landesweiter Strukturwandel mit vielfältigen Folgen für die Stadtentwicklung wird durch die voranschreitende Digitalisierung ausgelöst. In den Braunkohleregionen vollzieht sich vor diesem Hintergrund in den kommenden Jahrzehnten ein doppelter Wandel, bei dem neben dem allgemeinen Strukturwandel neue Wertschöpfungsketten eine auslaufende Schlüsselindustrie ersetzen werden. Die Stadtentwicklung wird vor Ort diese Veränderungsprozesse mit voranbringen.
- Das sich verändernde Mobilitätsverhalten der Menschen hat große Folgen für die Stadtentwicklung, denn öffentliche Räume sind zu einem wesentlichen Teil Verkehrs- und Bewegungsräume, und müssen baulich und gestalterisch den sich verändernden Bedürfnissen angepasst werden.
- Eine konstituierende Funktion fast aller Städte ist der Austausch von Gütern und Waren. Infolge der Digitalisierung verändern sich die baulichen und funktionalen Anforderungen an Warenanlieferung und Warenpräsentation in den Städten grundlegend. Mit den Instrumenten der Stadtentwicklung werden Wege gefunden, unsere Stadtzentren behutsam zu transformieren, damit sie den sich verändernden Anforderungen gerecht werden können.
Die Corona-Pandemie hat viele Veränderungsprozesse der Stadtentwicklung forciert und die Transformation der Innenstädte infolge der Digitalisierung beschleunigt. Durch die Veränderung der Arbeitswelt (Homeoffice) hat „Zentralität“ als Standortfaktor an Bedeutung verloren. Darin liegt eine Entwicklungschance für die vielen kleinen und mittleren sächsischen Städte. Als attraktive Wohnstandorte könnten sie von dieser Entwicklung profitieren.